Wenn Architektur zur Sprache kommt
Die Vermittlung von architektonischen Konzeptionen ist ein Bestandteil der vielschichtigen Master-Vertiefung „Strategien des Entwerfens und Konstruierens“. Das Modul „Architektur formulieren“ leisteten die Studierenden in einem viertägigen Workshop auf der Raketenstation der Museumsinsel Hombroich ab.
Unter der Leitung von Prof. i. V. Andreas Denk und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Daniel Hubert erlebten alle Beteiligten vier intensive, arbeitsreiche Tage.
Wesentlichen Beitrag zur intensiven Arbeitsatmosphäre trug das von Erwin Heerich entworfene „offene Kloster“ bei, das den Studierenden beste Randbedingungen bot.
Ziel des Workshops war das Erlernen des kritischen Umgangs mit verschiedenen Formen des Schreibens und Sprechens über Architektur. Dabei spielten auch andere Darstellungsformen, wie etwa der Film, eine Rolle. Vor allem die sichere Beherrschung von Sprache und Schrift als Medium der Architekturvermittlung können im späteren Berufsalltag eine wichtige Hilfe bei der Kommunikation mit Bauherrn und der Öffentlichkeit sein.
Auftakt des Seminars bildete ein erster Spaziergang über die Museumsinsel Hombroich um alle Studierenden mit der Umgebung und der besonderen Atmosphäre dieses Ortes vertraut zu machen.
Abends folgte ein aufschlussreicher Vortrag von Prof. i. V. Andreas Denk, der, angefangen von Henry David Thoreau, über Frank Lloyd Wright, August Endell, Louis-Etienne Boulée, Adolf Loos und Martin Heidegger die Bandbreite des Sprechens und Schreibens über Architektur verdeutlichte.
Aufmerksame Zuhörer lauschten dem beredten Dozenten, der durch seinen Vortrag ein Beispiel setzte, wie wichtig Stimmmodulation und Artikulation bei der Vermittlung von Inhalten sind.
Der Abend wurde mit dem Film „Der Bauch des Architekten“ von Peter Greenaway beschlossen.
Der nächste Tag begann mit einem ungewöhnlichen Experiment. Gegeben war den Studierenden die Aufgabe, auf der Raketenstation ein Entwurfsgrundstück zu bestimmen, auf dem sie ein Haus für sich gemeinsam bauen sollten. Jeder sollte dabei seinen Bedarf bestimmen und überlegen, welche Nutzungen und Funktionen gemeinschaftlich getragen werden können.
Pferdefuß an der Aufgabe war jedoch, das weder das gesprochene, noch das geschriebene Wort zur gegenseitigen Verständigung herangezogen werden durften…
…und so schlenderten die Studierenden gestikulierend und skizzierend über die Raketenstation…
…und versuchten, nonverbal, sich einig zu werden…
…bis schließlich die Rückkehr ins Kloster erfolgte, wo dann der „gemeinsame“ Entwurf in ein Modell umgesetzt wurde.
Die Erkenntnis über die Bedeutung von Wort und Schrift für die gemeinsame Verständigung war bei der abschließenden Besprechung des Entwurfs dann doch groß.
Am Abend schloss sich dann der nächste Programmpunkt an: Die Studierenden waren aufgefordert, ihren in diesem Semester laufenden Entwurf zu erläutern. Durch die Einschränkung der Redezeit war Prägnanz und Konzentriertheit gefordert. Anschließend wurde der Vortragende von allen in verschiedenen Kategorien bewertet. Auch dieser Programmpunkt erwies sich für die meisten als intensives Erlebnis.
Nach diesem erkenntnisreichen und anstrengenden Tag bot das gemeinsame Kochen und Essen eine willkommene Entspannung. Auch dafür erwiesen sich die Räumlichkeiten des „Offenen Klosters“ als ideal!
Am Abend folgte ein Kurzvortrag von Daniel Hubert über Film und Raum anhand der Arbeit des Filmemachers Heinz Emigholz. Dessen „Hardcore-Dokumentation“ „Goff in der Wüste“ über den amerikanischen Architekten Bruce Goff bildete den Hintergrund für lange Gespräche über das Erlebte des Tages.
Der nächste Tag stand, nach nonverbaler und verbaler Architekturvermittlung, im Zeichen der schriftlichen Darstellung architektonischer Sachverhalte.
Die Studierenden hatten einen Text über ein Gebäude auf der Museumsinsel und der Raketenstation abzufassen.
Basis für die Besichtigungen: Erwin Heerichs „Offenes Kloster“…
…dessen kontemplative Introvertiertheit…
…sowohl das Arbeiten mit anderen…
…als auch die zurückgezogene Arbeit in der eigenen Klausur ermöglichte.
Am letzten Tag des Seminars stand die verbale Vermittlung im Vordergrund. Bei einem durch die Studierenden geführten Spaziergang über die Raketenstation und die Museumsinsel erläuterten sie die tags zuvor schriftlich formulierten Erkenntnisse am konkreten Objekt. Die Übertragung eines schriftlichen Textes, ohne Objektbezug auf einen verbalen Vortrag am und im Objekt war hier die entscheidende Leistung.
Vier Tage intensiven Arbeitens, Sprechens, Schreibens, aufschlussreicher Erkenntnisse und überraschender Ergebnisse gingen zuende. Das Kloster wieder verlassen zu müssen, fiel schwer. Zu besonders ist die Atmosphäre an diesem Ort und zu wohl haben sich alle dort gefühlt.
Der Frust darüber mag sich auch im Beschuss des Fotografen mit Schneebällen Luft gemacht haben…
Text: Daniel Hubert
Fotos: Daniel Hubert (19), Vanessa Höft (2)