ATuesday I Dr. Damjan Prelovšek

Am Dienstag, den 28. Oktober 2014 startete der architectural tuesday in eine neue Runde. Die zum festen Bestandteil des Semesters gewordene Vortragsreihe der AKöln steht aktuell unter dem Thema Slowenien. In acht Vorträgen widmen wir uns der Architekturgeschichte des Landes und richten so den Blick von der vorherigen Reihe „Positionen japanischer Architektur“ zurück nach Europa. Zum Auftakt der Reihe sprach der Kunsthistoriker Dr. Damjan Prelovšek über das Werk des slowenischen Architekten Jože Plečnik.

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Das von Prelovšek in seiner Chronologie dargestellte Lebenswerk des 1872 in Ljubljana geborenen Architekten stellt einen bedeutenden Teil der slowenischen Architekturgeschichte dar. Geprägt von der Auseinandersetzung des traditionellen und historischen mit der Moderne, der Lehre Otto Wagners und der Theorie Gottfried Sempers entwickelte Plečnik eine ganz eigene, slowenische Architektursprache. Bis heute prägen seine Werke nicht nur maßgeblich das Stadtbild Ljubljanas, sie bilden auch eine bemerkenswerte Sonderstellung in der Entwicklung der modernen Architektur. Anhand zahlreicher Bauwerke verdeutlichte Damjan Prelovšek die Beweggründe dieser Entwicklung und umreißt das Leben eines Mannes, das ohne Einschränkung dem architektonischen Schöpfen gewidmet war.

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In die Fußstapfen seines Vaters tretend, erlernte der junge Jože Plečnik zunächst den Beruf des Tischlers an der Gewerbeschule in Graz. Nach zweijähriger Tätigkeit in einer Möbeltischlerei folgte ein gescheiterter Versuch an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Hier lernte Plecnik Otto Wagner kennen, der ihn in seinem Atelier beschäftigte und später in seine Meisterklasse aufnahm. 1898 beendete Plečnik sein Studium. Es folgt ein einjähriger Aufenthalt in Italien und Frankreich, bevor er ins Atelier Otto Wagners zurückkehrt. Bis zu seiner Selbständigkeit blieb Plečnik in Wagners Atelier, setzte sich aber zunehmend kritisch mit dessen Architekturverständnis auseinander.

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1900 bekam der junge Architekt mit der Umgestaltung des Mehrfamilienhauses Karl Langer in Wien seinen ersten selbstständigen Auftrag. Vor allem in der mit stilisierten Rosen verzierten Fassadengestaltung kann hier eine Lossagung vom Wagner’schen Rationalismus beobachtet werden.

Das Zacherl Haus in Wien, das zwischen 1903-05 entstand gehört zu den Höhepunkten in der jungen Karriere Plečniks. Die Synthese aus kompositorischer Neuheit und traditioneller Kunst beschreibt die Besonderheit dieses Werkes. Die Fassadenkonstruktion aus T-Profilen mit eingeschobenen Granitplatten entspricht den Grundsätzen Wagners, die Konstruktion und Dekoration in einem Element verbindet. Die durch die Profile betonte vertikale Gliederung der Fassade wird durch die Aufreihung der Atlanten im Dachgeschoss aufgehoben und verleiht ihr so eine Dynamik. Inspiriert von der Wiener Secession ist die Gestaltung des Innenraums geprägt von organischen Formen. Das elliptische Treppenhaus ist dem spätbarocken Gruber-Palais in Ljubljana entnommen und verdeutlicht Plečnik Verbundenheit gegenüber seiner Heimat.

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Zwischen 1911-1921 lehrte Plečnik an der Kunstgewerbeschule in Prag. In dieser Zeit widmete er seine Aufmerksamkeit verstärkt dem Kunstgewerbe, der antiken Kunst und der „Stoffwechsel“-Theorie Sempers. Vermehrt betonte Damjan Prelovšek in seinem Vortrag die perfekten Fähigkeiten Plecniks auf dem Gebiet des Möbeldesigns und der Bildhauerei.

Gegen Ende seines Aufenthalts in Prag bekam Plečnik den prestigeträchtigen Auftrag zur Renovierung der Prager Burg. Noch währenddessen kehrte er in seine Heimatstadt zurück und arbeitete parallel an der Umgestaltung Ljubljanas. Der gute Kontakt zu Matko Prelovšek, dem Direktor des städtischen Bauamtes und Großvater des Vortragenden, begünstigte die Tatsache, dass Jože Plečniks neben den städtebaulichen Aufgaben auch einen Großteil der Bauvorhaben in Ljubljana realisierte.

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Besonders ein Gebäude gehört im Werk des Architekten hervorgehoben. Die 1936-40 an der Stelle des durch ein Erdbeben zerstörten Palais Auersperg gebaute Bibliothek vereint die wichtigsten Elemente in Plečniks Architekturauffassung. Der an einer wichtigen Stelle der Stadt stehende monumentale Bau weist im Inneren Ähnlichkeit zum antiken Tempel auf. Eine am Eingang gelegene lange Treppe sakraler Anmutung führt durchs dunkle Peristyl zum offenen und hellen Lesesaal, dessen Umläufe aus einfachen Gasleitungsrohren bestehen. Nicht nur in der sakralen Deutung des Eingangsbereichs treten Ähnlichkeiten zum Zacherl-Bau auf. Die Fassadengestaltung aus teilweiser Verwendung von Steinen des Vorgängerbaus legt sich ganz nach der Theorie Sempers wie ein buntes Gewand um die Innenräume. Erneut ist die Komposition der Fassade auf ein Ausgleich des Horizontalen und Vertikalen bedacht.

Ähnlich eines Priesters lebte Jože Plečnik zeitlebens bescheiden, alleine und von kleinem Gehalt, um frei von jeglicher Abhängigkeit eine Architektur für die Ewigkeit zu erschaffen.

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Mit dem Vortrag über Jože Plečnik gab Prelovšek den Startschuss der aktuellen Vortragsreihe. Den nächsten Vortrag hören wir am 04. November. Dann ist Ales Vodopivec zu Gast beim architectural tuesday. Er spricht über den zweiten großen Namen in der slowenischen Architekturgeschichte, Edvard Ravnikar, und setzt so die Reihe chronologisch fort, bevor dann die Architekturschaffenden der Gegenwart Sloweniens zu Gast sind.

Mehr Fotos vom Vortrag von Dr. Damjan Prelovšek finden sie hier.

Text: Anna-Laura Oldenburg
Bild: Yvonne Klasen